Magnetschwebebahn für Nürnberg?

Nur mal angenommen, das hier ist tatsächlich ernst gemeint und kein PR-Stunt von Söder aus der Abteilung „Bayerische Raumstation“, über den in einem halben Jahr niemand mehr redet – wovon ich im Moment ausgehe.

Dann muss die Diskussion geführt werden, wo hier in der Region eine Magnetschwebebahn noch am ehesten sinnvoll wäre. Ich versuche jetzt mal, verschiedene Aspekte zu betrachten:

  1. Magnetschwebebahnen sind keine komplett neue Technologie müssen nicht „erprobt“ werden
    Auf den Strecken in Ostasien (Shanghai, Seoul, Changsha, Nagoya), auf denen sie unterwegs sind, fahren sie seit Jahren sehr zuverlässig, soweit ich das mitbekomme. Und auch in Deutschland gab es ja schon eine Strecke in Berlin im normalen Fahrgastbetrieb (im damaligen Niemandsland am Potsdamer Platz in West-Berlin vor der Wende)
  2. Warum gibt es dann trotzdem so wenige?
    Die Vorteile einer Magnetschwebebahn (nahezu geräuschlos, geringer Platzbedarf durch aufgeständerte Bauweise) kommen vor allem in Großstädten zum Tragen, in denen es meistens schon viel größere und ältere, bewährte Nahverkehrssysteme gibt (U-, S- und Straßenbahn, Schnellbusse usw.)
    Da noch ein neues System einzuführen, ist in den allermeisten Fällen unwirtschaftlich für den Betreiber (eigenes Personal, eigene Werkstatt, neue Fahrzeuge usw.) sowie umständlich für die Fahrgäste (Umsteigezwang)
    In Großstädten ohne großes etabliertes Nahverkehrssystem, in denen die Nische für diese Technologie größer wäre (vor allem in Nordamerika) fehlt meistens grundsätzlich der politische Wille, einen leistungsstarken ÖPNV zu schaffen.
  3. Das gilt auch für Nürnberg
    Für die Verbindung zwischen Bauernfeindstraße und Südklinikum, die offenbar angedacht ist, kommt am ersten eine weitere Verlängerung der Linie 7 in Betracht (die Strecke bis zur Bauernfeindstraße durch den neuen Stadtteil Lichtenreuth ist schon konkret in Planung und hier ist auch schon PDF mit einem möglichen weiteren Streckenverlauf). Wenn man unbedingt viel Geld verbrennen möchte, könnte man auch einen Ast der U1 bauen.
    Auch die Ringbahn, die im Artikel erwähnt wird, sollte – zwischen Fürth und Nordostbahnhof – viel eher für den Personenverkehr modernisiert, elektrifiziert, und mit mehr zweigleisigen Abschnitten und neuen Haltepunkten z.B. in Thon und Muggenhof versehen werden, so dass eine neue S-Bahn-Linie zwischen Gräfenberg und Cadolzburg entsteht. Ich schaue da immer sehr neidisch auf die Modernisierung einiger Regionalbahnstrecken in Baden-Württemberg (Breisgau-S-Bahn, Ammertalbahn, Schönbuchbahn usw.)
    Grundsätzlich fällt mir innerhalb des Nürnberger Stadtgebiets keine Strecke ein, die einerseits genug Fahrgastpotential für eine Bahn hätte, bei der man aber keine bestehende U-Bahn- oder Straßenbahnlinie verlängern könnte.

Aber vielleicht gibt es ja etwas weiter außerhalb Strecken mit Potential? Es müssten Strecken sein, für die man nicht einfach eine bestehende U- oder Straßenbahnlinie verlängern oder eine stillgelegte Bahnstrecke wieder in Betrieb nehmen kann, die andererseits aber auch Fahrgastpotential hätten. Ich habe mal folgende Grafik erstellt:

Zu sehen ist hier das Einzugsgebiet der geplanten StUB (inklusive Ostast) sowie die schon angesprochene Gräfenbergbahn und Rangaubahn. Am ehesten Potential für eine Magnetschwebebahn hätten wohl die blau markierten Korridore:

  • Die Bibertbahn war bis 1986 im Personenverkehr in Betrieb (bis Großhabersdorf, was hier blau markiert ist, in voller Länge schon seit 1971 nicht mehr). Die Trasse ist heute schon teilweise entwidmet und mit Parkplätzen u.ä. überbaut, so dass eine Wiedererrichtung rechtlich wie der Bau einer neuen Bahnstrecke wäre. Insbesondere entsteht auf dem Gelände des ehemaligen Haltepunkts „Fürth-Süd“ gerade der U3-Endbahnhof „Gebersdorf“, so dass an eine umsteigefreie Verbindung bis zum Nürnberger Hauptbahnhof nicht mehr zu denken ist. In Gebersdorf könnte jetzt eine Magnetschwebebahn beginnen, und man müsste sich zumindest nicht um Bahnübergänge kümmern.
  • Zwischen Schwabach und Feucht besteht ein gewisses Potential für eine Querverbindung über Wendelstein (16.000 Einwohner). Es gab auch mal eine Bahnstrecke von Feucht nach Wendelstein, diese ist aber schon seit 1955(!) stillgelegt und heute gar nicht mehr erhalten. Wenn der ÖPNV so ausgebaut wird, wie es für eine ökologische Verkehrswende sinnvoll wäre, muss man sich auch irgendwann Gedanken machen, wie der Nürnberger Hauptbahnhof entlastet werden kann. Solche Tangentialverbindungen könnten einen Beitrag dafür leisten.
    Hier ist aber der Trassenverlauf noch völlig unklar, es würde sicher im Rednitz- und Schwabach zu Konflikten mit dem Naturschutz kommen usw.

Was auf jeden Fall verhindert werden muss, ist der Einsatz der Magnetschwebebahn, um in der Planung schon weit vorangeschrittene ÖPNV-Projekte (v.a. StUB und Linie 7) zu verzögern oder zu torpedieren.

Ich habe für diese politische Taktik, die aus der CDU/CSU/FDP-Ecke immer wieder angewendet wird, schon den Begriff „Flugtaxiismus“ benutzt: Ein „cool“ klingendes, experimentelles Verkehrsprojekt in den Raum werfen, um die Verwirklichung konkreter Verkehrswendeprojekte mit „langweiligen“, aber bewährten Technologien (Straßenbahn, gewöhnliche Eisenbahn, Radwege usw.) zu sabotieren – man denke an die diversen Spurbus-Ideen der StUB-Gegner hier in Erlangen, oder wie Elon Musk Hyperloop gepusht hat, um die Hochgeschwindigkeitsstrecke in Kalifornien auszubremsen.